Tausend bei Parade
|Bei strahlendem Sonnenschein setzten sich am Samstagnachmittag zwanzig Fußgruppen und sechs Fahrzeuge vom Friedrichsplatz aus in Bewegung zu einer knapp zweistündigen bunten, lautstarken, fröhlichen Parade durch die Karlsruher Innenstadt. Viele Schaulustige schlossen sich spontan dem Zug an, so daß am Ende etwa tausend Personen wieder zum Friedrichsplatz zurückkehrten.
Bei der anschließenden Kundgebung verlas Stadtrat Alexander Geiger (Bündnis 90 / Die Grünen) das Grußwort des Schirmherrn, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und richtete selbst einige Worte an die Anwesenden. Nach ihm sprach Stadträtin Sabine Zürn (Die Linke), Daniel Melchien (SPD), Christian Schwarz (Piratenpartei), Stadtrat Jürgen Wenzel (Freie Wähler) und Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny (FDP). Tenor der Kundgebung war, daß es gerade in Baden-Württemberg nocht einiges zu tun gibt bis zur vollen Gleichberechtigung der Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen. Aber auch nationale Themen wie die Ergänzung des dritten Grundgesetzartikels um ein Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Identität. kamen nicht zu kurz.
Beim gut besuchten Hoffest informierten 14 Gruppen, Initiativen und Parteien über ihre Arbeit, während die drei Chöre „Schrillmänner“, „WEIBrations“ und „Queerbeet-Chor“ sowie Künstlerin Anica und Sänger Rico el Torro das von der Travestiegruppe „Chapeau Claque“ moderierte Bühnenprogramm bestritten.
Für die Organisatoren steht schon heute fest: Künftig soll es in Karlsruhe jedes Jahr einen Christopher-Street-Day geben. Mit sogenannten „CSDs“ erinnert die queere Community alljährlich an den Beginn der jüngeren Homosexuellenbewegung im Jahr 1969 in der New Yorker Christopher Street. Während etwa Mannheim und Stuttgart schon einige Zeit jährlich zum großen Spektakel laden, fand in Karlsruhe der vorletzte CSD bereits im Jahr 1999 statt.
Also ich muss sagen, ich war einfach überwältigt.
Es war für mich das erste Mal einen CSD in meiner Heimatstadt mitzuerleben. Eine solche Stimmung hätte ich in Karlsruhe niemals für möglich gehalten.
Beeindruckt hat mich aber vor allem die Beobachtung, wie die Leute, welche drumherum standen das Ganze überwiegend wohlwollend aufgenommen hatten. Sie waren zunächst mal verdutzt, aber als sie verstanden worum es ging, freuten sie sich mit.
Natürlich gab es einige, bei denen man die Abscheu in den Augen ablesen konnte, aber genau dafür veranstalten wir dies alles. Damit sie alle akzeptieren, daß es uns gibt, unsere Lebensweise respektieren und anfangen uns als Ihnen ebenbürtig zu betrachten.
Insgeheim erhoffe ich mir persönlich davon einen Wachstumsschub für die Karlsruhe Schwulen-und-Lesben-Szene, so daß wir anderen großen Städten in nichts nachstehen; immerhin ist Karlsruhe die drittgrößte Stadt in Baden-Württemberg. Schwules und lesbisches Leben muss in Karlsruhe einfach selbstverständlich werden.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr, in dem der CSD hoffentlich das größte, bunteste, schrillste und schillerndste Ereignis wird, was Karlsruhe je gesehen hat.