Skip to content Skip to footer
Unsere Forderungen

Gleiche Rechte. Sicherheit. ­Freiheit.

Ein CSD ist für viele queere Menschen ein Ort der Sichtbarkeit, der Sicherheit und des Respekts. Dort können sie – oftmals zum ersten Mal – sein, wer sie sind und wie sie sind. Ohne Diskriminierung, Ausgrenzung und Beleidigung.

Dennoch verbinden einige einen CSD vor allem mit bunten Paraden, lauter Musik und viel Party. Der CSD aber ist sehr viel mehr als das. Der Christopher Street Day versteht sich als politische Demonstration und eine politische Veranstaltung die seit Jahrzehnten für Gleichberechtigung queerer Menschen weltweit einsteht. Wir feiern an diesem Tage unsere Erfolge im Kampf um Gleichberechtigung queerer Menschen und Gedenken den Opfern queerfeindlicher Gewalt, sowie den Opfern der AIDS-Pandemie.

Mit dem Gedenken alleine aber ist es nicht getan. Sicher: Die Situation queerer Menschen in Deutschland und vielen Teilen der Erde hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verbessert. Gleichzeitig aber müssen queere Personen auch heute noch unterschiedlichste Formen gesellschaftlicher und rechtlicher Diskriminierung erleben. In einigen Länden ist die Situation für queere Menschen nach wie vor unerträglich oder wird wieder schlechter.

Es reicht uns daher nicht, beim CSD an die vergangenen Schritte zu denken, die in puncto Gleichberechtigung bereits erfolgt sind. Wir wollen vollständige Gleichberechtigung. Wir haben Forderungen!

Ein überarbeiteter Entwurf befindet sich gerade in der Abstimmung und wird zeitnah online gestellt.

Rechtliches

Artikel 3 des Grundgesetzes soll um die Merkmalesexuelle Orientierung“ und „geschlechtliche Identität“ ergänzt werden. Nur dadurch kann eine vollständige rechtliche Gleichstellung von queeren Menschen erreicht werden. Der erweiterte Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes muss in Zukunft klarstellen: „Niemand darf wegen … seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität… benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Diese bereits im Deutschen Bundestag sowie im Bundesrat angestoßene Erweiterung ist zwingend notwendig, damit queere Menschen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung nicht mehr als Bürger zweiter Klasse behandelt werden können. Der Staat muss hier seiner Pflicht nachkommen und Diskriminierung queerer Personen verbieten. 

Wir fordern die Abschaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) und die Schaffung eines Selbstbestimmungsrechtes unter enger Einbeziehung der bestehenden Fachverbände, sowie die Beschließung umfassender Maßnahmen, zur Verbesserung der Lebensbedingungen von trans* Menschen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfernte bereits im Juni 2018 die psychiatrische Diagnose „Transsexualität“ und alle damit in Zusammenhang stehenden Diagnosen aus der Klassifikationsliste ICD, mit der die WHO physische und psychische Erkrankungen auflistet. Die WHO hat mit diesem Schritt dem Transsexuellengesetz jegliche Grundlage entgültig entzogen. Wir fordern daher die Regierung auf, dieser Feststellung zügig nachzukommen und das Transsexuellengesetz zugunsten einer gesetzlichen Anerkennung geschlechtlicher Selbstbestimmung zu reformieren.

Darüber hinaus braucht es weitere Maßnahmen, um effektiv von staatlicher Seite aus zu unterstützen:

Die Einführung des dritten Geschlechts war ein großer Erfolg. Auch hier aber sollten die Betroffenen selbst entscheiden können: Wir fordern die Anerkennung einer Inter* Definition, die in Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen entsteht und nicht von oben verordnet wird durch vermeintlich medizinische Normen. Die Pflicht, ein Gutachten einzuholen, bevor eine Änderung des Personenstands („Divers“) möglich ist, sowie jegliche Operationen, die ohne Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden, lehnen wir ab.

Personen, die sich unter dem Transsexuellengesetz haben zwangsterilisieren lassen müssen, sollen eine angemessene Entschädigung für diese Form der Körperverletzung durch den Staat erhalten.

Die bisherige Ablehnung von trans* Personen bei Berufsunfähigkeitsversicherungen oder Lebensversicherungen aufgrund der Einstufung des trans*-Seins als psychische Erkrankung muss revidiert und entschädigt werden. Auch trans* Personen haben ein Anrecht auf Absicherung im Falle von Unfällen oder Krankheit.

Wir fordern darüber hinaus eine Entschuldigung und Widergutmachung durch die Politik und Verursacher*innen für begangenes Unrecht in Form von geschlechtszuweisenden Operationen an inter* Personen, vor allem Kindern. (Schuldeingeständnis).

Wir fordern eine zeitnahe Reform des Abstammungsgesetzes; so dass in Zukunft bei Geburt eines Kindes in einer lesbischen Ehe mittels künstlicher Befruchtung automatisch beide Frauen als Mütter anerkannt werden und eine Stiefkind-Adoption durch die nicht-leibliche Mutter nicht mehr notwendig ist.

Wird bisher ein Kind in einer lesbischen Ehe mittels künstlicher Befruchtung geboren, so wird die nicht-leibliche Mutter nicht automatisch als Mutter anerkannt, sondern muss weiterhin den aufwendigen Prozess einer Stiefkind-Adoption durchlaufen. Bei heterosexuellen Paaren ist dies bei nicht-leiblichen Vätern in der gleichen Situation nicht notwendig. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, das Familienrecht entsprechend zu ändern, sodass automatisch beide Frauen in einer lesbischen Ehe als Mütter anerkannt werden.

Um ein zeitgemäßes, gesellschaftliches Familienbild zu bewirken, fordern wir darüber hinaus geschlechtsneutrale Formulierungen von Mutter und Vater zu „Elternteil 1 und Elternteil 2“, so dass auch trans* Eltern und Eltern mit dem Personenstand “divers” korrekt in die Geburtsurkunde ihrer Kinder eingetragen werden können.

Wir fordern das vollständige Ende von Konversionstherapien. Am 07. Mai 2020 wurde bereits ein Gesetz verabschiedet, welches Konversionstherapien bei Minderjährigen bis 18 Jahre sowie jegliche Werbung für solche Eingriffe verbietet. Das Problem: Das Gesetz schützt Erwachsene nur unzureichend. Konversionstherapien, die nicht durch sichtbaren Druck, Gewalt oder einen Willensmangel des Opfers zustande kommen, bleiben bei Erwachsenen weiterhin straffrei. Das muss sich ändern!

Sicherheit

Queere Menschen sind noch immer einem erhöhten Risiko von Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt. Auf der Straße, in der Straßenbahn oder bei Kulturveranstaltungen. Queere Menschen sind oftmals nicht sicher.

Staatlichen Institutionen, die für diese Sicherheit zuständig wären, fehlt es in vielen Fällen an Sensiblisierung, Aufklärung und Bildung hinsichtlich queerer Lebensrealitäten und sexueller bzw. geschlechtlicher Vielfalt. Im Kontaktsverhältnis Staat und queere Personen werden immer wieder unsensible und diskriminierende Verhaltesstrukturen reproduziert und das Vertrauen in staatliche Schutzinstanzen stark geschädigt.

So kann es nicht weitergehen!

Wir fordern daher einen besseren Schutz von queeren Menschen in sämtlichen Belangen des Alltags, sowie verpflichtende Schulungen für Sicherheitskräfte und kommunale bzw. kommunal-nahe Insitutionen die mit dem Thema Sicherheit betraut sind. Ziel muss es sein, dass dieser Personenkreis queerfeindliches Verhalten unmittelbar identifizieren und verhindern oder adäquat stoppen kann.

Ebenso fordern wir eine geschulte Ansprechperson für queere Belange bei Karlsruher Sicherheitsbehörden, um Opfern von Hass und Gewalt gegenüber LGBTQIA+ Personen Berührungsängste zu nehmen und die Zusammenarbeit bzw. das Vertrauen in die staatlichen Institutionen auf queerer Seite wieder zu stärken.

In den Ausführungen zur Hasskriminalität, die seit 2015 im Strafgesetzbuch stehen, sollten ausdrücklich auch queerfeindliche Motive benannt werden. Außer in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg ignoriert die Polizei bundesweit bislang dezidiert queerfeindliche Beweggründe. Queerfeindliche Hassverbrechen müssen als solche erfasst werden und in den Statistiken der Behörden aller Länder auftauchen. Die Bennung Taten als queerfeindliche Taten in Polizeimeldungen, Pressemeldungen und anderen polizeilichen Veröffentlichungen ist wichtig um die öffentliche Wahrnehmung des Problems zu verstärken. Nur was benannt wird, kann auch bekämpft werden.

Neben dem ausdrücklichen Verbot von Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität müssen auf internationaler Ebene  darüber hinaus auch Menschenrechtsstandards eingeführt werden, die sich explizit auf die Belange von trans* Menschen beziehen. Trans*feindliche Taten müssen als Hassverbrechen eingestuft und juristisch auch als solche behandelt werden. Trans* Menschen und ihre Organisationen sind in die Erarbeitung von Rechtsvorschriften, die sie betreffen, einzubeziehen. 

Die Betrachtung von Intersektionalität und die Anerkennung von Mehrfachdiskriminierung (Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Antizyganismus, Behindertenfeindlichkeit, …) in der Statistik ist schließlich ebenfalls wichtig, um zu verhindern, dass Vorfälle unterkomplex dargestellt werden und Opfern Mehrfachdiskriminierung abgesprochen wird.

Die queere Community in Karlsruhe ist vielfältig, divers und geschichtsträchtig. Seit mehreren Jahrzehnten engagieren sich queere Menschen in der Karlsruher Gesellschaft und prägen, oftmals unsichtbar, unsere Fächerstadt mit.

Mit Vereinen wie QBeKA die auf eine 40-Jährige Geschichte zurückblicken, oder den Pride Pictures, die zu den größten queeren Filmfestivals Europas zählen, war und ist Karlsruhe schon immer eine wichtige Anlaufsstelle für queere Personen.

Während die queere Community ihr Zuhause – Karlsruhe – damit prägt und bereichert, fehlt diesem Engagement in Karlsruhe eine räumliche Heimat. Die Stadt hat mit dem LA ViE einen ersten wichtigen Schritt zu einem Safe Space für Jugendliche getan. Queere Familien und queere Personen über 27 Jahren benötigen jedoch ebenfalls und Anlauffstelle frei von Bevormundung, Diskriminierung und Ausgrenzung.

Wir fordern die Stadt Karlsruhe daher dazu auf einen solchen queeren Space, eine räumliche Heimat für die queere Community zu ermöglichen und langfristig finanziell und anderweitig notwendig zu unterstützen.

Gesellschaft

Sprache schafft Wirklichkeit. Durch Sprache können Menschen und gesellschaftliche Gruppen sichtbar gemacht oder verschwiegen werden. In der deutschen Sprache dominiert weiterhin das generische Maskulinum, das u.a. Frauen* sowie trans*, inter*, agender und nicht-binäre Menschen unsichtbar macht. Wir fordern deshalb einen inklusiven, gendersensiblen Umgang mit Sprache, welcher auf die geschlechtliche Vielfalt von Menschen eingeht. Von Gendersternchen (z.B. Lehrer*innen) bis zu neutralen Bezeichnungen (z.B. Lehrkräfte) bestehen zahlreiche, unkomplizierte Formulierungsmöglichkeiten, um verschiedene Geschlechtsidentitäten zu berücksichtigen.

In Zeiten wachsender Anfeindungen von Rechts, von ultra-konservativen und religiös-motivierten Gruppen, muss die LGBTQIA*-Community zusammenhalten und gemeinsam an Zielen arbeiten. Dabei brauchen wir auch die Unterstützung von Straight Allies.

Wir feiern die Vielfalt unserer Gemeinschaft in all ihren Ausprägungen. Es geht um Lust am Anderssein und Ausdruck, ohne Stigma, ohne Scham! Gemeinsam können wir mehr bewegen und erkämpfte Rechte für kommende Generationen bewahren. Wir als Community sind nicht der Feind – selbst wenn unsere Herangehensweisen sich unterscheiden kämpfen wir für dieselbe Sache.

Wir fordern daher die gesamte weltweite queere Community auf, zusammenzuhalten, im Team zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen, wo es Unterstützung bedarf. Nicht-queere Personen fordern wir auf, als Straight Allies für die Rechte und die Sicherheit queerer Mitmenschen aktiv einzustehen, diese einzufordern und sich offen und mutig queerfeindlicher Diskriminierung, Hass und Gewalt entgegenzustellen.

Queere Themen finden im medialen Alltagsgeschäft in Deutschland nur unzureichend Beachtung. Meist erfolgt eine Berichterstattung nur im Zusammenhang mit Demonstrationen wie dem Christopher Street Day.

Dies lässt sich auch in Karlsruhe beobachten: Belange von LGBTQIA+ erfahren in der Region fast ausschließlich im Umfeld des CSD Karlsruhe Aufmerksamkeit in den Medien. Das journalistische Interesse an queeren Themen in der Region ist marginal.

Erfolgt Berichterstattung, ist diese dann oftmals mit Stereotypen und diskriminierenden Begriffen gespickt. Artikel und andere mediale Beiträge beschreiben den CSD in vielen Fällen als „bunt“, „schrill“ oder Veranstaltung von „Paradiesvögeln“, beziehungsweise als „Schwulenparade“.

Die in der Berichterstattung häufig dominierenden Begriffe und Framings werden dabei weder der Vielfalt noch den Anliegen der LGBTQIA+ Community in irgendeiner Weise gerecht. Die im Grundsatz fehlende mediale Aufmerksamkeit bildet darüber hinaus die queere Lebensweise vieler Bürger*innen in Deutschland nicht ab.

Dieser Umstand ist umso bedenklicher, als dass Massenmedien für die Gesellschaft eine XX Funktion haben. (Ich würde deine Funktionsdefinition so nicht unterstützen können. Für mich haben Medien zunächst keine Sozialisierungsfunktion sondern eine Informationsfunktion. Sie bilden Wirklichkeiten ab, aber versuchen nicht, Werte zu vermitteln.)

Wir fordern daher Medienschaffende auf, LGBTQIA+ angemessen und vielfältig in ihrer Berichterstattung und Programmentwicklung zu berücksichtigen und damit der prozentualen Verteilung queerer Menschen in der Gesellschaft auch in der Berichterstattung gerecht zu werden. Ebenso setzen wir uns für eine gleichberechtigte und vielfältige Repräsentation von FLINTA*-Menschen in den  Medien ein, um die Akzeptanz von FLINTA*-Menschen zu erhöhen.

Nicht-hetero- bzw. cisnormative Lebensweisen waren in Deutschland über viele Jahrzehnte tabuisiert und wurden strafrechtlich geahndet. Bis heute leiden viele ältere queere Senior*innen unter den Folgen gesellschaftlicher Stigmatisierung oder strafrechtlicher Verfolgung. Gerade sie haben einen Anspruch darauf, ein langes und entbehrungsreiches Leben in Würde beschließen zu können und ihre Interessen in den Mitwirkungsorganen artikulieren zu können.

Die Besonderheit ihrer Biografie muss daher Berücksichtigung finden. Begegnungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene, adäquate Wohnformen für queere Senior*innen oder staatlich finanzierte Wohnmöglichkeiten können hier geeignete Maßnahmen sein. Die Politik hat die Aufgabe, private und öffentliche Initiativen zu Alten- und Wohnprojekten, die LGBTQIA+ Raum geben, zu begleiten und aktiv zu fördern. 

Eine achtungsvolle Begleitung, Betreuung und Pflege queerer Senior*innen in diskriminierungsfreier Umgebung ist ebenfalls notwendig.

Beratungs- und Fachpersonal sowie Leitungspersonen in der Pflege und Altenhilfe müssen hier Unterstützung bekommen: Fortbildungen und andere Maßnahmen können zur Sensibilisierung für die besonderen Bedürfnisse und Belange queerer Senior*innen beitragen. 

Ein aktives Einbinden inklusive Stimmbeteiligung in politischen Interessensvertretungen von älteren LGBTQIA+ Personen ist zu gewährleisten.

Sport ist für viele queere Menschen eine wichtige Freizeitaktivität aber auch eine mögliche Karriere im beruflichen Kontext. Sport kann helfen körperliche und seelische Ungleichgewichte auszugleichen und so zu einem besseren Wohlbefinden beitragen.

Doch in vielen Sportarten werden queere Menschen nach wie vor benachteiligt. Geht es um Outings innerhalb gewisser Sportarten die nicht geduldet sind oder trans*, inter* und nicht-binäre Menschen die aus Angst, Unwissenheit und Queerfeindlichkeit kategorisch aus Sportarten ausgeschlossen werden.

Deshalb fordern wir einen queerinklusiven Sportbetrieb bei dem Sexualität und geschlechtliche Idenität keine Unterschiede machen oder schambehaftet untersagt werden. Ebenso muss queeres Leben im Sport gefördert und gefordert werden. Die Teilnahme von trans*, inter* und nicht-binären Personen muss ermöglicht werden.

Arbeit & Verwaltung

Die Karlsruher Verwaltung inkl. der städtischen Eigenbetriebe ist für alle Karlsruher Bürger*innen unumgänglich, wenn es um Behördengänge, medizinische Versorgung, bürgerrechtliche oder persönliche Anliegen geht. Das Personal vor Ort, sowie der Verwaltungsapparat an sich sind jedoch selten mit queeren Lebensrealitäten betraut. Unangenehmene Situationen und Diskriminierung bei Behördengängen für queere Menschen sind die Folge davon.

Um dies zu vermeiden  müssen Fachkräfte im Bereich Medizin, Verwaltung und Sicherheit  für die Bedarfe von LGBTQIA+ Personen sensibilisiert und verpflichtend weitergebildet werden. Formulare, Anträge und behördliche Dokumente müssen an geschlechtliche und sexuelle Vielfalt angepasst sein und gendersensible Formulierungen, sowie von der heteronormativen Gesellschaft abweichende Lebensrealitäten berücksichtigen.

Wir fordern die Stadtverwaltung daher auf, verpflichtende Schulung (auch im Bereich „Hatecrime & Hatespeech gegen queere Menschen“) für Mitarbeitende der Stadt inkl. der städtischen Eigenbetrieben einzuführen und deren Einhaltung zu kontrollieren.

Führungspersönlichkeiten im Verwaltungsapparat müssen hierbei gesondert geschult werden, um Diskriminierungserfahrungen und Queerfeindlichkeit im Berufsalltag aktiv zu erkennen und zu verhindern.

Wir fordern darüber hinaus die Schaffung einer städtischen Stelle für queere Belange, die die Interessen und Forderungen der Karlsruher Community wahrnimmt und bei der Umsetzung dieser hilft. Die Stelle soll als Vermittlung zwischen Stadtverwaltung und Bürger*innen fungieren und sich um ein queerfreundliches Umfeld für alle Personen in der Stadtgesellschaft bemühen.

Ebenso ist es wichtig, Intersektionalität und Mehrfachdiskriminierungen innerhalb der Institutionen zu erkennen, zu benennen und etwa Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Antizynismus, Behindertenfeindlichkeit … mitzubedenken, um  Lebensrealitäten besser abbilden und  Überschneidungen besser berücksichtigen zu können.

Wir fordern Arbeitgeber*innen auf, sämtlichen Diskriminierungsformen am Arbeitsplatz aktiv entgegenzuwirken und das Bewusstsein für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt im Beruf zu fördern.

Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz können die psychische Gesundheit von Berufstätigen gefährden. Sie können sich darüber hinaus negativ auf die Leistungsfähigkeit von Mitarbeiter*innen auswirken und zu einem Klima der Angst am Arbeitsplatz führen. Vor diesem Hintergrund fordern wir Arbeitgeber*innen auf, Diskriminierung aktiv entgegenzuwirken und sexuelle sowie geschlechtliche Vielfalt am Arbeitsplatz wertzuschätzen. Entsprechende, ganzheitliche Diversity-Management-Konzepte verbessern die Chancen- und Leistungsgerechtigkeit für Mitarbeiter*innen und damit auch die Kreativität und Erfolgschancen von Unternehmen.

Ebenso ist es wichtig Intersektionalität und Mehrfachdiskriminierungen zu erkennen, zu benennen und so z.B. auch Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Antizynismus, Behindertenfeindlichkeit … in diese Konzepte einfließen zu lassen und so Lebensrealitäten besser abzubilden.

Aufklärung & Bildung

Staatliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen inklusive ihres Personals müssen sichere Häfen für queere Kinder & Jugendliche sein! Daher ist eine  Weiterbildung und Sensibilisierung von tätigen Lehrkräften, Erziehenden und Sozialarbeiter*innen und Schulleitungen zu den Themen queere Lebensweisen, sexuelle Orientierung, geschlechtliche Identität und Vielfalt unabdingbar. Zudem fordern wir die Integration queerer Erziehungstheorien & Queer Studies als fester Bestandteil im Lehramtstudium sowie in der Ausbildung zum*r Erzieher*in und zum*r Sozialarbeiter*in.

Wir fordern darüber hinaus von den Landesregierungen Deutschlands eine aktive Aufklärungs- und Bildungspolitik sowie die Verankerung sexueller Vielfalt als Bestandteil der Lehr- bzw. Bildungspläne in allen Bundesländern. Karlsruher Schulen rufen wir dazu auf, über gleichgeschlechtliche Lebensweisen und sexuelle Vielfalt aktiv aufzuklären, sowie die Ausweitung der Lehrpläne auf die Geschichte von LGBTQIA+.

Die Sexualpädagogik an Schulen soll zu einem selbstbestimmten, verantwortlichen und gewaltfreien Umgang mit Sexualität befähigen. Sie soll Kindern und Jugendlichen ermöglichen, altersangemessen, zielgruppenorientiert und wertschätzend mit sich selbst und dem, was in ihrer Lebenswelt präsent ist, umzugehen.

Die Gleichstellung queerer Personen und die Bildungs- bzw. Aufklärungsarbeit über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in Schulen und Gesellschaft ist zu großen Teilen queerem Engagement und Ehrenamt zu verdanken. Eine lange Zeit sind Verwaltungen und Politik ihrer Pflicht der Gleichbehandlung nicht nachgekommen und haben diese wichtige Arbeit Betroffenen selbst überlassen.

Wir fordern daher, dass dieses Engagement ausreichend finanziell und durch anderweitige Unterstützung gefördert wird, um queere Organisationen, queere Veranstaltungen und Safe Spaces zukunftssicher zu stärken und, dass sich Verwaltungen und Politiker*innen der Pflicht annehmen, alle Bürger*innen im Kampf um gleiche Rechte, Sichtbarkeit und Sicherheit zu unterstützen.

Wir fordern die aktive Förderung der queeren Erinnerungskultur und die Aufarbeitung der Geschichte von LGBTQIA+, insbesondere der Homosexuellen-Verfolgung, durch Stadt, Land und Bund.

Wir fordern außerdem die Verankerung der Geschichte von LGBTQIA+ in der Karlsruher Stadt: Auch wir sind ein Teil dieser Stadt und ihrer Geschichte! Wir fordern daher eine engere Vernetzung der historischen Forschungen zu LGBTQIA+ bzw. eine Beauftragung eines Forschungsprojektes durch die Stadt zu diesem Themenfeld. Wir begrüßen eine stärkere Beteiligung der Community an der Aufarbeitung der Geschichte von LGBTQIA+, um auch mündliche Erzählungen zu dokumentieren und nicht nur auf Dokumente und Berichte von Täter*innen zurückzugreifen.

Politik & Internationales

Dem besonderen Schutzbedürfnis von queeren Geflüchteten ist Rechnung zu tragen. Die vorhandenen Beratungs- und Hilfsstrukturen der queeren Community müssen daher durch deutschen Staat und dieBürgerschaft angemessen unterstützt und ausgebaut werden.

Queere Geflüchtete sind oft in einer besonders prekären Lage und brauchen unsere Unterstützung. Verfolgung aufgrund von Transgeschlechtlichkeit und Homosexualität wird von der EU als Asylgrund anerkannt. Vor dem Hintergrund der in den Heimatländern erlebten Gewalt und Ausgrenzung, aus Angst vor weiteren Repressionen oder aus Scham verschweigen viele Betroffene jedoch ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität. Asylsuchende dürfen aber nicht schon deshalb als unglaubwürdig eingestuft werden, weil sie bei der Glaubwürdigkeitsprüfung intime Aspekte ihres Lebens nicht offenbaren wollen. Entsprechende „Tests“ auf ihre sexuelle und geschlechtliche Identität sind abzulehnen. 

Ebenfalls muss die Situation queerer Menschen bei der Einstuftung als „sicheres Herkunftsland“ berücksichtigt werden, bevor queere Menschen in Länder zurückkehren müssen in denen Ihnen Verfolgung droht.

Ein Staat, in dem LGBTQIA+ verfolgt werden oder in dem Transgeschlechtlichkeit und Homosexualität unter Strafe steht, kann kein sicheres Herkunftsland sein! Die Regelungen zu sogenannten sicheren Drittstaaten müssen im Hinblick auf Sicherheit für LGBTQIA+ und Frauen* im Allgemeinen sowie im Hinblick auf eine notwendige medizinische Versorgung (z.B. von HIV-Positiven) überarbeitet werden.

Für die Anhörungen vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge müssen kostenfreie Sprachmittler*innen zur Verfügung stehen, die in Belangen von LGBTQIA+ geschult und sensibel sind. Die medizinische, psychologische und psychosoziale Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist dauerhaft sicherzustellen. Menschen, die mit Geflüchteten arbeiten (in Unterkünften, Behörden usw.), müssen für die Belange von LGBTQIA+ sensibilisiert und geschult sein.

Bi+ und nicht mono-sexuelle Menschen sowie asexuelle und nicht-binäre Menschen sind besonders von Ungleichbehandlung bei Asylanträgen betroffen und werden oft in erster und auch zweiter Instanz abgelehnt. Die deutsche Auslegung des Europarechts bricht dieses in Bezug auf nicht eindeutig homosexuelle Menschen in den meisten Fällen und muss von vornherein so gelten wie europaweit vereinbart. Wir fordern Bund und Länder auf, das Asylrecht sowie relevante Fluchtgründe korrekt, eindeutig und inklusiv für alle Menschen der Community umzusetzen. Hier beziehen wir uns auf das neue Migrations- und Asylpaket der Europäischen Kommission vom 23. September 2022.

Nach der Bundestagswahl 2021 hat Deutschland mit Sven Lehmann erstmalig einen Queerbeauftragten der Bundesregierung erhalten, um die Rechte queerer Menschen in Deutschland zu stärken und zu wahren.

Als einflussreiches Industrieland haben wir aber auch die soziale  Verpflichtung, queeren Menschen weltweit zu helfen und uns solidarisch mit internationalen Communities zu zeigen.

Daher fordern wir ein internationales Engagement der Bundesregierung für die Einhaltung der Menschenrechte insbesondere in der Unterstützung von LGBTQIA+ Initiativen.

Städtepartnerschaften sollen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch generieren und wirken dabei demokratiefördernd.

Auch die Stadt Karlsruhe pflegt seit vielen Jahren Städtepartnerschaften zu verschiedenen europäischen Städten und Gemeinden.

Die Karlsruher Partnerstädte haben dabei ebenfalls aktive queere Communities: Es gibt dort queeres Leben und engagierte queere Organisationen. Gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe möchte die Karlsruher Community diese Städtepartnerschaft um das Themenfeld „queer“ erweitern und gemeinsam Wissen, Ideen und Kontakte austauschen.

Wir fordern daher, dass die Stadt uns bei diesem Vorhaben unterstützt und aktiv auf die Partnerstädte in diesem Bereich zugeht. Ebenso soll die Stadt eigenmotivatorisch und öffentlich wahrnehmbar Stellung zu LGBTQIA+ Rechten in den Partnerländern beziehen.

Gesundheit

Wir fordern das Ende von Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV! Fehlendes Wissen, Falschinformationen und Vorurteile sorgen immer noch dafür, dass Menschen mit HIV diskriminiert und ausgeschlossen werden. Dies führt dazu, dass Menschen mit einer HIV- Infektion überdurchschnittlich oft psychisch erkranken, mit Scham durch ihr Leben gehen und versteckt leben.

Daher machen wir uns stark für eine umfassende Aufklärung, für realistische Bilder vom Leben mit HIV sowie für Antidiskriminierungsarbeit.

Aktuelle Forschung zeigt, dass HIV-positive Menschen besonders in den Bereichen der medizinischen Versorgung, sowie in intimen Beziehungen Ablehnung und Diskriminierung erfahren. Diese vermeidbar fortlaufende Diskriminierung ist untragbar und beeinträchtigt die psychosoziale Gesundheit von Menschen mit HIV. Behandlungsbedürftige Patient*innen werden nicht selten in Krankenhäusern und Praxen von besorgtem und verängstigtem Personal einer Sonderbehandlung unterzogen, wie z.B. Markierung der Krankenakte, unangebrachte Fragen, Tragen doppelter Handschuhe usw. Das veraltete Wissen vielen Personals führt zur unangebrachten Sonderbehandlung der HIV-positiven Patient*innen und verletzt so die Patientenrechte,  vermeintlich zum Schutz des Personals.

Um eine empathische, zugewandte und angemessene medizinische Versorgung von Menschen mit HIV zu gewährleisten, fordern wir eine verbindliche Aufklärung zu HIV und AIDS in der Pflegeausbildung und im Medizinstudium, sowie kontinuierliche Aufklärung in Pflegeeinrichtungen und von Seiten der Ärztekammern.

Dank dem aktuellen Stand der Medizin und der Entwicklung der PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) ist es möglich, sorgenfrei und ohne Angst vor einer HIV-Infektion zu leben. Diese Angst hatte in der Vergangenheit vor allem schwule und bisexuelle Männer, sowie trans* Personen jahrzehntelang begleitet und die sexuelle Selbstbestimmung mit Scham und Zweifeln behaftet.

Bei der Verschreibung der PrEP ist die Betreuung durch eine HIV-Schwerpunktpraxis bzw. durch speziell geschultes Fachpersonal vorgeschrieben. In Karlsruhe gibt es neben dem Städtischen Klinikum nur eine Anlaufstelle, die schon seit längerer Zeit keine Patient*innen mehr aufnehmen kann. Auch der Umkreis Karlsruhe ist auf der Versorgungskarte als schwarzer Fleck markiert.

Viele Personen die auf ihre sexuelle Gesundheit achten und Interesse an einer Verschreibung haben, müssen daher bei der Verschreibung der PrEP auf Städte wie Mannheim und Stuttgart ausweichen.

Wir fordern daher, dass die Stadt Karlsruhe sich diesem Thema annimmt und aktiv nach Lösungsvorschlägen sucht, um die Verfügbarkeit von Anlaufstellen zu erhöhen und den Ausbau der gesundheitlichen Versorgung und Prävention vor HIV-Infektionen voranzutreiben.

Die Kosten für medizinische Interventionen zur Geschlechtsangleichung müssen durch die Krankenversicherung abgedeckt werden. Trans* Personen dürfen nicht länger durch medizinische Klassifizierungen als psychisch erkrankt eingestuft werden. Gleichwohl muss die Möglichkeit zur medizinischen Behandlung bestehen.

Wir fordern die Schaffung eines vereinfachten Zugangs zu kosmetischen Behandlungen, psychologischer Betreuung und gesundheitsbringenden Maßnahmen sowie die Änderung der Dokumente und allen weiteren unterstützenden Maßnahmen beim Transitionsprozess. Ebenso fordern wir ein Ende der Pathologisierung von trans* Personen.

Best Choice for Creatives
This Pop-up Is Included in the Theme
Purchase Now
Skip to content